140 Jahre Neue Kirche

25.04.2018

Das bekannte Geheimnis im Turmknopf der Neuen Kirche von Bad Suderode

Bei der Grundsteinlegung großer Industrie- und öffentlicher Bauten ist es üblich, dass man in einem feierlichen Akt für die Nachwelt Aufzeichnungen in den Sockelbereich oder in das Fundament einmauert. Schon seit Jahrhunderten werden bei Kirchenbauten solche Schriftstücke in die Turmkugel, auch Turmknopf genannt, gelegt. Bei notwendigen Reparaturen am Turm können diese durch neue Belege aktualisiert werden. Auch eine Tageszeitung und Münzen eignen sich dafür. Wird eine solche Kugel einmal geöffnet, ist die Spannung groß, was Generationen davor überliefert haben.

Vor dem Aufbau der Turmkugel und des Kreuzes am 31. Mai 1878 konnte der Historiker August Lessing den Text des hinterlegten Schriftstücks abschreiben. So kennen wir heute schon dessen Inhalt. In der Höhe von 36 Metern wird diese Kugel und das Kreuz hoffentlich noch lange Wind und Wetter standhalten. Denn ausgeschlossen sind „Überraschungen“ nicht. Der längst verstorbene, hiesige Klempnermeister Otto Münzer hat mir einmal erzählt, dass er als junger Geselle in einer schwindelerregenden Aktion – nach einem Turmausstieg mit einer einfachen Seilsicherung – eine Reparatur dort oben ausgeführt hat. Aus heutigen Sicherheitsempfinden und -vorschriften wäre dies unvorstellbar.

Anzunehmen ist, dass die Aufzeichnung im Turmknopf vom damaligen Pastor Schatte und dem Gemeindekirchenrat verfasst wurde, die wie folgt lautet: „Um den Übelstand mit der kleinen baufälligen Kirche abzuhelfen, schwebten seit 22 Jahren Verhandlungen mit der Königlichen Regierung zu Magdeburg, daß eine neue größere und mehr nach der Mitte des Dorfes gelegene neue Kirche gebaut werden sollte, bis endlich am 2. Juli 1873 vom Königlichen Regierungsrath Pary die Verhandlungen zum neuen Kirchenbau abgeschlossen und der Bau begonnen werden sollte, was sich aber wiederum bis April 1877 hinzögerte und nun endlich zu Anfang desselben Monaths die feierliche Grundsteinlegung stattfand. Die Baukosten der Kirche mit Thurm betragen 40500 Mark, wovon die Königliche Regierung 2/3 Theil und die Gemeinde 1/3 Theil zahlt. Außer dieses 1/3 Theil muß die Gemeinde für Hand- und Spanndienste noch 6090 Mark zahlen. Das Grundstück zur neuen Kirche, welches besonders dazu von dem Königlichen Beamten ausgesucht und bestimmt zum Ankauf worden ist, muß die Gemeinde mit 7500 Mark, ebenso den Blitzableiter mit 100 Mark, die neue Thurmuhr 885 Mark, den Thaufstein mit 108 Mark, die neue Einfriedung sowie Planieren und Bepflanzen allein bezahlen.“

Außerdem wurden noch ältere Schriftstücke aus dem Turmknopf der Alten Kirche beigefügt, die bei Reparaturarbeiten entnommen waren. Der Inhalt dieser Aufzeichnungen wird ein anderer Beitrag sein.

Eckhard Schobeß