02.09.2025
Der 27. Bonhoeffer-Tag in Friedrichsbrunn
Zum nunmehr 27. Mal hatte der Bonhoeffer-Verein zusammen mit der Kirchengemeinde zum Bonhoeffer-Tag nach Friedrichsbrunn eingeladen – und die Resonanz war in diesem Jahr überwältigend. Der gesamte Tag stand unter der Überschrift „Vermächtnis und Verantwortung“.
Den Auftakt bildete ein Gottesdienst, der bei Sonnenschein im Garten des Bonhoefferhauses gefeiert werden konnte. Geleitet wurde er von Regionalbischöfin Bettina Schlauraff und Pfarrerin Saskia Lieske; für die musikalische Rahmung sorgte der Posaunenchor Thale unterstützt von einigen befreundeten Bläserinnen und Bläsern. In ihrer Predigt ging Bettina Schlauraff auf die beiden großen Begriffe von Vermächtnis und Verantwortung ein. Mit einer Aktennotiz aus der NS-Zeit, die ein erschreckendes Beispiel für Distanzierung und Entmenschlichung beinhaltete, zeigte sie eindrücklich, wie wirkmächtig Sprache ist und langsam, aber stetig das Denken prägt. Dem Wissen auszuweichen, so führte Bettina Schlauraff aus, bedeute der Verantwortung auszuweichen – damals wie heute. Um vom Wissen ins Handeln zu kommen, bräuchte es unter anderem das Gefühl von Verbundenheit und Zuständigkeit.
Nach der geistlichen Stärkung durch den Gottesdienst war Zeit, miteinander ins Gespräch zu kommen. Das Team vom Café Bonhoeffer sorgte dabei für das leibliche Wohl.
In gewohnter Weise fand das Nachmittagsprogramm dann in der Bonhoefferkirche statt, die bis auf den letzten Platz gefüllt war. Mit Tobias Korenke und Mathias Bonhoeffer waren zwei Mitglieder der dritten Generation von Karl und Paula Bonhoeffer, denen damals das Ferienhaus in Friedrichsbrunn gehörte, zu Gast. Beide erzählten auf sehr unterschiedliche wie auch eindrückliche Weise davon, wie es ist, mit der Familiengeschichte zu leben. Hinterher bemerkten viele der Zuhörenden, wie eindrücklich es gewesen sei, dass die im Widerstand aktiven Mitglieder der Familie nicht auf einen Sockel emporgehoben worden, sondern eine differenzierte Auseinandersetzung stattfand.
So verschieden die Erfahrungen in den Familien waren, so sehr betonten beide, dass über den Widerstand und die Zeit des Nationalsozialismus nur wenig zu Hause gesprochen wurde – eine Erfahrung, die von vielen der Zuhörenden geteilt wurde. Mathias Bonhoeffer berichtete davon, dass seine Verbindung in die Familie vor allem durch Bücher gewachsen sei. Tobias Korenke wiederum erzählte, wie seine Großmutter Ursula Schleicher, geb. Bonhoeffer, bei aller Warmherzigkeit und allem Humor immer auch eine Traurigkeit umgeben hat. Es schien ihm, als säßen die Ermordeten der Familie mit am Esstisch, wenngleich sie nur selten von ihnen und ihrer Traurigkeit sprach, wohl auch um die Familie nicht zu belasten.
Beide Referenten machten in ihren Erzählungen stark, dass ein Vermächtnis zu erben, allein nicht ausreichend sei. Vielmehr komme es in einer Demokratie darauf an, die Verantwortung anzunehmen und etwas daraus zu machen. Mit dieser bleibenden, mühevollen Aufgabe war eine Brücke zur Predigt wie auch überhaupt in die Gegenwart geschlagen.
Es sei wegen der Thematik ein anstrengender, aber auch anregender Bonhoeffer-Tag gewesen, so fasste es einer der Besucher zusammen.
Text: Saskia Lieske
Fotos: Max Zehnpfund, Saskia Lieske
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